Kulturlandschaft

Das Gartenreich Dessau - Wörlitz ist eine im deutschsprachigen Raum einzigartige Verbindung aus gestalteter Landschaft und Kunst, Erziehung und Wirtschaft.

Eingebettet in die Auen von Mulde und Elbe, heute Teil des Biosphärenreservates Mittelelbe, entsteht in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine spektakuläre Kulturlandschaft. Schlösser, Gartenanlagen und Einzelbauwerke werden durch Sichtachsen und Straßen, Alleen und bepflanzte Deichanlagen, Solitäreichenwiesen und Obstpflanzungen miteinander verbunden. Seit November 2000 gehört das Gartenreich zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Geschichte: Dessau-Wörlitzer Reformwerk

In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts verändert der Geist der frühen Aufklärung das Leben in Anhalt-Dessau tiefgreifend. Im Landbau steigern neue Methoden die Erträge, die soziale Lage der Menschen verbessert sich. Fürst Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740 bis 1817), ein humanistisch geprägter Landesvater, verwirklicht seine Vision:
Er verwandelt das ganze Land in einen Garten.

700 km², etwa die gesamte Fläche des Fürstentums, werden von 1760 bis zum Tode des Fürsten 1817 künstlerisch umgestaltet und aufgewertet. Aus England werden das Prinzip des Landschaftsgartens und die Neugotik übertragen und an die Ambitionen des Monarchen angepasst. An dessen Seite entwirft der Architekt Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff (1736 bis 1800) Gebäude, Tempel und Anlagen. Er beginnt mit diesem Werk den kontinentalen Klassizismus – zwei Generationen vor Schinkel.

Der Fürst stellt ein Heer von Gärtnern, Deichbauern, Förstern und Landwirten in Lohn und Brot. Seine Vision nimmt Schritt für Schritt Gestalt an. Es entsteht eine Welt, in der alles darauf hinaus läuft, das Schöne, die ästhetische Wirkung und das Nützliche, das lehrhafte Programm, miteinander zu verbinden: das historische Gartenreich.

Geschichte: Gestaltete Welten: Anlagen

Carl August Boettiger schildert 1797 seine Eindrücke vom Gartenreich. Er benutzt die Metapher vom "Tempel der Natur". Die künstlerisch überhöhte, ästhetische Wirkung der Natur und ihre jahreszeitlichen Stimmungsbilder erschaffen die eindrucksvolle Szenerie des Gartenreichs, in dem die Schlösser, Parks und Gärten Höhepunkte sind. Sie ziehen sich wie eine Kette durch das Land. Ihr besonderes Merkmal: Die Anlagen gehen ohne deutliche Grenze in die Landschaft über.

Viele der im Gartenreich errichteten Bauwerke, Monumente und oft mythologischen Plastiken sind Sinnbilder zur moralischen Erziehung. Die Gebäude sind in die Umgebung eingepasst. Gürtelwege in den Parkanlagen gestatten Blicke in die Gärten und in die freie Landschaft. Ein Netz von Sichtachsen bewirkt, dass der Blick von Objekten der Gartenarchitektur aufgefangen und weitergeführt wird.

Eine bedeutende gestalterische Rolle spielen Eichen und Obstbäume im Gartenreich. Wiesen mit mächtigen freistehenden Alteichen wurden Teil der landschaftlichen Kompositionen. Eichenwiesen entstanden durch gezielte zusätzliche Pflanzungen. Sie kennzeichnen im Gartenreich den Übergang von offenen Auenflächen zum Wald.

Als weiteres Element wurden Streuobstwiesen angelegt und von Fürst Franz zum Teil verpachtet. Ein Dreizehntel der Landeseinnahmen resultierte immerhin daraus. Die Obstbäume waren aus Gründen der Verderblichkeit und des Reifezeitpunktes räumlich angeordnet. So fanden sich in Dorfnähe überwiegend Süß- und Sauerkirschen.

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